Donnerstag, 3. Dezember 2015
Wir und das Fremde
teachersmafia, 08:30h
Wir und das Femde
Eine Betrachtung zum Jahresausklang
Die Flüchtlingsfrage begleitet mich schon eine ganz Weile, schon lange bevor ich mich dazu entschlossen habe, „meine“ sechs Afghanen aufzunehmen. Ich hatte sie mir nicht ausgesucht,sie wurden mir zugelost – ein Glücksfall für mich und sie und alle. Weil mich die Flüchtlingsfrage so beschäftigt hat, habe ich mich zum Wintersemester 2014 an der Hochschule für Philosophie, die unter Leitung der Jesuiten steht, für ein Zertifikat eingeschrieben, das sich mit ethischem Verhalten in unserer globalen Welt beschäftigte. Das dauerte zwei Semester und ich habe in diesem Wintersemester mit dem Kurs „Interkulturelle Kommunikation“ weitergemacht. Die diversen Seminare haben mir sehr geholfen, die aufkommenden Fragen zu sortieren und aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Man kocht doch oft im eigenen Saft, wie man so schön sagt, und vergisst ganz, dass es zur eigenen Anschauung auch noch ganz andere Überlegungen gibt. Was ich diese Woche zu überlegen aufgefordert wurde, war „das Fremde“ zu definieren und im Kontext zu sehen. Man ist da ja schnell bei der Hand, klar, das Femde ist das, was ich nicht kenne, die Flüchtlinge zusammen mit ihrer uns unbekannten Geschichte und ihrer anderen Religion, ihrem Aussehen, ihrer Sprache und vielem mehr. Die scheinbar so einfache Frage treibt allerdings Philosophen und Theologen schon lange um und sie haben versucht zu erklären, was „das Fremde“ nun sei.
Das Beispiel der Flüchtlinge und unsere Reisen in „fremde“ Länder macht es uns ganz leicht, diesen Begriff zu verstehen. Aber das Fremde ist uns viel näher, als wir denken. Viele Leute auf der Straße sind uns fremd, vielleicht nicht in Petting, aber sicherlich schon Traunstein. Sie sehen zwar so aus wie wir, sind wahrscheinlich Christen, sprechen Deutsch oder noch besser Bayrisch, schon – aber kennen wir sie? Nein, sie sind uns fremd. Dann betrachten wir doch mal unseren Freundeskreis. Klar, die kennen wir, wissen, was sie am Geburtstag erfreut, was sie gar nicht mögen und dass sie Bayern-Fans sind. Aber – wissen wir darüber hinaus noch viel? Reagieren sie manchmal nicht doch „befremdlich“? Sind sie ein offenes Buch, in dem wir jede Zeile kennen? Ziehen wir den Kreis noch etwas enger – die Familie. Hier sind uns alle vertraut, wir wissen vieles, was außerhalb der Familie keiner ahnt. Und doch – unsere Kinder, reagieren sie nicht auch manchmal „befremdlich“? „Ich verstehe dich nicht, warum machst du das oder jenes (nicht)?“ Unsere Kinder und auch unsere Ehepartner sind die vertrautesten Menschen für uns. Und doch bleiben sie uns manchmal, wenn sie größer und älter werden auch immer öfter, fremd in ihren Ansichten, ihren Handlungen. Und jetzt zu uns selbst. Haben wir nicht auch etwas Fremdes in uns, etwas, das wir nicht verstehen. Wundern wir uns nie über unsere Handlungen, warum wir spontan dieses oder jenes getan oder gesagt haben? Wundern wir uns nicht auch darüber, welche neuen „fremden“ Meinungen auf einmal unser Herz und unseren Kopf bewegen? Aber wir reagieren auf dieses Fremde nicht mit Aggression und Zorn, wir schauen uns an und denken darüber nach.
Die Philosophen sagen, dass das Fremde zu unserem Leben gehört, dass wir uns immer mit etwas Fremden konfrontiert sehen, mit Fremden in uns, im Partner, im Kind, im Nachbarn und in der Welt. Und sie sagen auch, dass zwischen uns und dem Fremden immer eine Distanz bleibt, wir können nicht alles auflösen und begreifen. Aber wir gehen täglich damit um, sehr oft tun wir das sehr liebe- und verständnisvoll. Und das habt Ihr gemacht. Ihr habt das Fremde angeschaut, ein bisschen geprüft, die Distanz, die unauslöschliche bleibt, und wir können damit gut leben.
Ich glaube, wir sind den Afghanen auch sehr fremd, aber auch sie müssen mit der Distanz leben wie wir. So, wie wir gut mit uns selbst leben können, auch wenn wir uns gelegentlich nicht ganz verstehen, so gut können wir auch mit anderem Fremden leben und es einfach so „sein lassen“.
Eine Betrachtung zum Jahresausklang
Die Flüchtlingsfrage begleitet mich schon eine ganz Weile, schon lange bevor ich mich dazu entschlossen habe, „meine“ sechs Afghanen aufzunehmen. Ich hatte sie mir nicht ausgesucht,sie wurden mir zugelost – ein Glücksfall für mich und sie und alle. Weil mich die Flüchtlingsfrage so beschäftigt hat, habe ich mich zum Wintersemester 2014 an der Hochschule für Philosophie, die unter Leitung der Jesuiten steht, für ein Zertifikat eingeschrieben, das sich mit ethischem Verhalten in unserer globalen Welt beschäftigte. Das dauerte zwei Semester und ich habe in diesem Wintersemester mit dem Kurs „Interkulturelle Kommunikation“ weitergemacht. Die diversen Seminare haben mir sehr geholfen, die aufkommenden Fragen zu sortieren und aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Man kocht doch oft im eigenen Saft, wie man so schön sagt, und vergisst ganz, dass es zur eigenen Anschauung auch noch ganz andere Überlegungen gibt. Was ich diese Woche zu überlegen aufgefordert wurde, war „das Fremde“ zu definieren und im Kontext zu sehen. Man ist da ja schnell bei der Hand, klar, das Femde ist das, was ich nicht kenne, die Flüchtlinge zusammen mit ihrer uns unbekannten Geschichte und ihrer anderen Religion, ihrem Aussehen, ihrer Sprache und vielem mehr. Die scheinbar so einfache Frage treibt allerdings Philosophen und Theologen schon lange um und sie haben versucht zu erklären, was „das Fremde“ nun sei.
Das Beispiel der Flüchtlinge und unsere Reisen in „fremde“ Länder macht es uns ganz leicht, diesen Begriff zu verstehen. Aber das Fremde ist uns viel näher, als wir denken. Viele Leute auf der Straße sind uns fremd, vielleicht nicht in Petting, aber sicherlich schon Traunstein. Sie sehen zwar so aus wie wir, sind wahrscheinlich Christen, sprechen Deutsch oder noch besser Bayrisch, schon – aber kennen wir sie? Nein, sie sind uns fremd. Dann betrachten wir doch mal unseren Freundeskreis. Klar, die kennen wir, wissen, was sie am Geburtstag erfreut, was sie gar nicht mögen und dass sie Bayern-Fans sind. Aber – wissen wir darüber hinaus noch viel? Reagieren sie manchmal nicht doch „befremdlich“? Sind sie ein offenes Buch, in dem wir jede Zeile kennen? Ziehen wir den Kreis noch etwas enger – die Familie. Hier sind uns alle vertraut, wir wissen vieles, was außerhalb der Familie keiner ahnt. Und doch – unsere Kinder, reagieren sie nicht auch manchmal „befremdlich“? „Ich verstehe dich nicht, warum machst du das oder jenes (nicht)?“ Unsere Kinder und auch unsere Ehepartner sind die vertrautesten Menschen für uns. Und doch bleiben sie uns manchmal, wenn sie größer und älter werden auch immer öfter, fremd in ihren Ansichten, ihren Handlungen. Und jetzt zu uns selbst. Haben wir nicht auch etwas Fremdes in uns, etwas, das wir nicht verstehen. Wundern wir uns nie über unsere Handlungen, warum wir spontan dieses oder jenes getan oder gesagt haben? Wundern wir uns nicht auch darüber, welche neuen „fremden“ Meinungen auf einmal unser Herz und unseren Kopf bewegen? Aber wir reagieren auf dieses Fremde nicht mit Aggression und Zorn, wir schauen uns an und denken darüber nach.
Die Philosophen sagen, dass das Fremde zu unserem Leben gehört, dass wir uns immer mit etwas Fremden konfrontiert sehen, mit Fremden in uns, im Partner, im Kind, im Nachbarn und in der Welt. Und sie sagen auch, dass zwischen uns und dem Fremden immer eine Distanz bleibt, wir können nicht alles auflösen und begreifen. Aber wir gehen täglich damit um, sehr oft tun wir das sehr liebe- und verständnisvoll. Und das habt Ihr gemacht. Ihr habt das Fremde angeschaut, ein bisschen geprüft, die Distanz, die unauslöschliche bleibt, und wir können damit gut leben.
Ich glaube, wir sind den Afghanen auch sehr fremd, aber auch sie müssen mit der Distanz leben wie wir. So, wie wir gut mit uns selbst leben können, auch wenn wir uns gelegentlich nicht ganz verstehen, so gut können wir auch mit anderem Fremden leben und es einfach so „sein lassen“.
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