Donnerstag, 3. Dezember 2015
Wir und das Fremde
teachersmafia, 08:30h
Wir und das Femde
Eine Betrachtung zum Jahresausklang
Die Flüchtlingsfrage begleitet mich schon eine ganz Weile, schon lange bevor ich mich dazu entschlossen habe, „meine“ sechs Afghanen aufzunehmen. Ich hatte sie mir nicht ausgesucht,sie wurden mir zugelost – ein Glücksfall für mich und sie und alle. Weil mich die Flüchtlingsfrage so beschäftigt hat, habe ich mich zum Wintersemester 2014 an der Hochschule für Philosophie, die unter Leitung der Jesuiten steht, für ein Zertifikat eingeschrieben, das sich mit ethischem Verhalten in unserer globalen Welt beschäftigte. Das dauerte zwei Semester und ich habe in diesem Wintersemester mit dem Kurs „Interkulturelle Kommunikation“ weitergemacht. Die diversen Seminare haben mir sehr geholfen, die aufkommenden Fragen zu sortieren und aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Man kocht doch oft im eigenen Saft, wie man so schön sagt, und vergisst ganz, dass es zur eigenen Anschauung auch noch ganz andere Überlegungen gibt. Was ich diese Woche zu überlegen aufgefordert wurde, war „das Fremde“ zu definieren und im Kontext zu sehen. Man ist da ja schnell bei der Hand, klar, das Femde ist das, was ich nicht kenne, die Flüchtlinge zusammen mit ihrer uns unbekannten Geschichte und ihrer anderen Religion, ihrem Aussehen, ihrer Sprache und vielem mehr. Die scheinbar so einfache Frage treibt allerdings Philosophen und Theologen schon lange um und sie haben versucht zu erklären, was „das Fremde“ nun sei.
Das Beispiel der Flüchtlinge und unsere Reisen in „fremde“ Länder macht es uns ganz leicht, diesen Begriff zu verstehen. Aber das Fremde ist uns viel näher, als wir denken. Viele Leute auf der Straße sind uns fremd, vielleicht nicht in Petting, aber sicherlich schon Traunstein. Sie sehen zwar so aus wie wir, sind wahrscheinlich Christen, sprechen Deutsch oder noch besser Bayrisch, schon – aber kennen wir sie? Nein, sie sind uns fremd. Dann betrachten wir doch mal unseren Freundeskreis. Klar, die kennen wir, wissen, was sie am Geburtstag erfreut, was sie gar nicht mögen und dass sie Bayern-Fans sind. Aber – wissen wir darüber hinaus noch viel? Reagieren sie manchmal nicht doch „befremdlich“? Sind sie ein offenes Buch, in dem wir jede Zeile kennen? Ziehen wir den Kreis noch etwas enger – die Familie. Hier sind uns alle vertraut, wir wissen vieles, was außerhalb der Familie keiner ahnt. Und doch – unsere Kinder, reagieren sie nicht auch manchmal „befremdlich“? „Ich verstehe dich nicht, warum machst du das oder jenes (nicht)?“ Unsere Kinder und auch unsere Ehepartner sind die vertrautesten Menschen für uns. Und doch bleiben sie uns manchmal, wenn sie größer und älter werden auch immer öfter, fremd in ihren Ansichten, ihren Handlungen. Und jetzt zu uns selbst. Haben wir nicht auch etwas Fremdes in uns, etwas, das wir nicht verstehen. Wundern wir uns nie über unsere Handlungen, warum wir spontan dieses oder jenes getan oder gesagt haben? Wundern wir uns nicht auch darüber, welche neuen „fremden“ Meinungen auf einmal unser Herz und unseren Kopf bewegen? Aber wir reagieren auf dieses Fremde nicht mit Aggression und Zorn, wir schauen uns an und denken darüber nach.
Die Philosophen sagen, dass das Fremde zu unserem Leben gehört, dass wir uns immer mit etwas Fremden konfrontiert sehen, mit Fremden in uns, im Partner, im Kind, im Nachbarn und in der Welt. Und sie sagen auch, dass zwischen uns und dem Fremden immer eine Distanz bleibt, wir können nicht alles auflösen und begreifen. Aber wir gehen täglich damit um, sehr oft tun wir das sehr liebe- und verständnisvoll. Und das habt Ihr gemacht. Ihr habt das Fremde angeschaut, ein bisschen geprüft, die Distanz, die unauslöschliche bleibt, und wir können damit gut leben.
Ich glaube, wir sind den Afghanen auch sehr fremd, aber auch sie müssen mit der Distanz leben wie wir. So, wie wir gut mit uns selbst leben können, auch wenn wir uns gelegentlich nicht ganz verstehen, so gut können wir auch mit anderem Fremden leben und es einfach so „sein lassen“.
Eine Betrachtung zum Jahresausklang
Die Flüchtlingsfrage begleitet mich schon eine ganz Weile, schon lange bevor ich mich dazu entschlossen habe, „meine“ sechs Afghanen aufzunehmen. Ich hatte sie mir nicht ausgesucht,sie wurden mir zugelost – ein Glücksfall für mich und sie und alle. Weil mich die Flüchtlingsfrage so beschäftigt hat, habe ich mich zum Wintersemester 2014 an der Hochschule für Philosophie, die unter Leitung der Jesuiten steht, für ein Zertifikat eingeschrieben, das sich mit ethischem Verhalten in unserer globalen Welt beschäftigte. Das dauerte zwei Semester und ich habe in diesem Wintersemester mit dem Kurs „Interkulturelle Kommunikation“ weitergemacht. Die diversen Seminare haben mir sehr geholfen, die aufkommenden Fragen zu sortieren und aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Man kocht doch oft im eigenen Saft, wie man so schön sagt, und vergisst ganz, dass es zur eigenen Anschauung auch noch ganz andere Überlegungen gibt. Was ich diese Woche zu überlegen aufgefordert wurde, war „das Fremde“ zu definieren und im Kontext zu sehen. Man ist da ja schnell bei der Hand, klar, das Femde ist das, was ich nicht kenne, die Flüchtlinge zusammen mit ihrer uns unbekannten Geschichte und ihrer anderen Religion, ihrem Aussehen, ihrer Sprache und vielem mehr. Die scheinbar so einfache Frage treibt allerdings Philosophen und Theologen schon lange um und sie haben versucht zu erklären, was „das Fremde“ nun sei.
Das Beispiel der Flüchtlinge und unsere Reisen in „fremde“ Länder macht es uns ganz leicht, diesen Begriff zu verstehen. Aber das Fremde ist uns viel näher, als wir denken. Viele Leute auf der Straße sind uns fremd, vielleicht nicht in Petting, aber sicherlich schon Traunstein. Sie sehen zwar so aus wie wir, sind wahrscheinlich Christen, sprechen Deutsch oder noch besser Bayrisch, schon – aber kennen wir sie? Nein, sie sind uns fremd. Dann betrachten wir doch mal unseren Freundeskreis. Klar, die kennen wir, wissen, was sie am Geburtstag erfreut, was sie gar nicht mögen und dass sie Bayern-Fans sind. Aber – wissen wir darüber hinaus noch viel? Reagieren sie manchmal nicht doch „befremdlich“? Sind sie ein offenes Buch, in dem wir jede Zeile kennen? Ziehen wir den Kreis noch etwas enger – die Familie. Hier sind uns alle vertraut, wir wissen vieles, was außerhalb der Familie keiner ahnt. Und doch – unsere Kinder, reagieren sie nicht auch manchmal „befremdlich“? „Ich verstehe dich nicht, warum machst du das oder jenes (nicht)?“ Unsere Kinder und auch unsere Ehepartner sind die vertrautesten Menschen für uns. Und doch bleiben sie uns manchmal, wenn sie größer und älter werden auch immer öfter, fremd in ihren Ansichten, ihren Handlungen. Und jetzt zu uns selbst. Haben wir nicht auch etwas Fremdes in uns, etwas, das wir nicht verstehen. Wundern wir uns nie über unsere Handlungen, warum wir spontan dieses oder jenes getan oder gesagt haben? Wundern wir uns nicht auch darüber, welche neuen „fremden“ Meinungen auf einmal unser Herz und unseren Kopf bewegen? Aber wir reagieren auf dieses Fremde nicht mit Aggression und Zorn, wir schauen uns an und denken darüber nach.
Die Philosophen sagen, dass das Fremde zu unserem Leben gehört, dass wir uns immer mit etwas Fremden konfrontiert sehen, mit Fremden in uns, im Partner, im Kind, im Nachbarn und in der Welt. Und sie sagen auch, dass zwischen uns und dem Fremden immer eine Distanz bleibt, wir können nicht alles auflösen und begreifen. Aber wir gehen täglich damit um, sehr oft tun wir das sehr liebe- und verständnisvoll. Und das habt Ihr gemacht. Ihr habt das Fremde angeschaut, ein bisschen geprüft, die Distanz, die unauslöschliche bleibt, und wir können damit gut leben.
Ich glaube, wir sind den Afghanen auch sehr fremd, aber auch sie müssen mit der Distanz leben wie wir. So, wie wir gut mit uns selbst leben können, auch wenn wir uns gelegentlich nicht ganz verstehen, so gut können wir auch mit anderem Fremden leben und es einfach so „sein lassen“.
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Freitag, 23. Oktober 2015
Ich habe Angst
teachersmafia, 09:59h
Kann Europa die Probleme des Nahen Ostens und Afrikas lösen, indem es alle die aufnimmt, die die Tortur des langen Weges auf sich nehmen und bei uns Asyl beantragen? Kann ein Europa oder Deutschland, das wegen unzureichender oder nicht vorhandener Strukturen relativ schnell an den Punkt der Unzulänglichkeit auf vielen Gebieten kommt, als bröckelndes und unfähiges Gebilde die Erwartungen der Herandrängenden erfüllen? Ich weiß nicht, ab welchem Prozentsatz an Flüchtlingen das Scheitern Europas unausweichlich ist, aber in der momentanen Situation wird dieses Scheitern sehr schnell sichtbar werden. Viel zu lange haben die Regierungen dem sich ankündigenden Völkerstrom zugeschaut, so als ob sie gar nicht wüssten, was sich da zusammenbraut. Manchmal denke ich, dass man Vogel-Strauß-Politik betrieben hat und jetzt beim Heben des Kopfes entsetzt feststellt, dass diese Menschen von „da unten“ auf einmal – wie von Geisterhand – vor unseren Grenzen stehen.
Man tut überrascht und man wirkt überrascht. Einfach abscheulich, dass nur eines jetzt sofort zu funktionieren scheint, während man an anderen Dingen kläglich herumdoktert und immer nach Schuldigen Ausschau hält. Ja, wir werden Transall-Flugzeuge zur schnellen Rückführung der „geduldeten“ Asylanten einsetzen – ohne diese vorzuwarnen. Klar, das sind genau die Richtigen! Sie werden ohne Prüfung ihrer Integration wie Arbeitsplatz z.B. aus Deutschland ausgewiesen. Holt man sie bei Nacht? Kommt da die Polizei? Werden sie freiwillig gehen? Seltsame Bilder formen sich in meinem Kopf...
Es ist nicht logisch, es ist nicht einzusehen, warum der erste Schritt in der Flüchtlingsfrage mit der Abschiebung von geduldeten Asylanten beginnt. Warum sind diese Menschen „geduldet“? Offensichtlich sprach etwas für ihren Verbleib, warum will man sie jetzt vertreiben?
Es ist nicht logisch, es ist nicht einzusehen, dass man immer noch keine funktionierenden Strukturen geschaffen hat, um einigermaßen mit den Menschen, die hier ankommen, umzugehen. Ich beobachte seit Monaten die Situation genau. Wie zynisch muss man sein, wenn man ungerührt zuschaut, wie viele, viele Freiwillige an den Grenzen den Flüchtlingen Nahrung anbieten, den Kindern Spielzeug geben und mit ihrem Lächeln die Erschöpften aufmuntern. Reiches Deutschland? Dass ich nicht lache. Die kleinen Leute kümmern sich, die Politiker und die Reichen reden, reden, drohen, planen Abschiebung, Sammellager .... Die Politik erlaubt sich das perverse Ansinnen, Zwangsenteignungen vorzunehmen, weil sie es versäumt hat und immer noch unfähig ist, Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Wie viele kleine Fertighäuser wären wohl in der Zeit möglich gewesen, in der man jetzt schon plant, was mal getan werden müsste?
Das politische Deutschland und das Deutschland der Wirtschaft sind nicht bereit, sie schotten sich ab, sie überlassen den kleinen Leuten das Feld. Die „Arme“ der Leute sind aber kurz, sie haben keinen Einfluss auf Verwaltung und Politik, sie haben kein Geld. Wie lange können die Leute die Aufgaben der Politik erledigen? Es gibt keine Strukturen, jeder ist Einzelkämpfer, das wird auf die Dauer nicht funktionieren und damit ist das Scheitern vorprogrammiert.
Wenn die Politik keinen Finger krümmt und dies zulässt, haben wir durch alle Parteien hindurch die falschen Leute gewählt. Wenn die Politik und Justiz nicht reagieren, wenn Pegida-Anhänger indiskutable Schmähreden führen, offene Drohungen ausstoßen, abscheuliche Szenarien zitieren, dann sind diese Politiker die falschen.
Wie lange wird es noch dauern, bis die kleinen Leute – und wir sind die Mehrheit in diesem Land – auf die Straße gehen und für die Flüchtlinge Handlung der Regierung einfordern?
Wann schämen wir uns genug, um die Tatenlosigkeit der Regierung nicht mehr unkommentiert hinzunehmen?
Wir sollten uns mal darüber unterhalten.
Ich habe Angst, nicht vor dem Flüchtlingsstrom, sondern vor der Unfähigkeit und dem mangelnden Willen unserer Politiker, die damit den Falschen im Lande die Straße überlassen. Wir sollten gegensteuern – massenhaft.
21.10.2015
Man tut überrascht und man wirkt überrascht. Einfach abscheulich, dass nur eines jetzt sofort zu funktionieren scheint, während man an anderen Dingen kläglich herumdoktert und immer nach Schuldigen Ausschau hält. Ja, wir werden Transall-Flugzeuge zur schnellen Rückführung der „geduldeten“ Asylanten einsetzen – ohne diese vorzuwarnen. Klar, das sind genau die Richtigen! Sie werden ohne Prüfung ihrer Integration wie Arbeitsplatz z.B. aus Deutschland ausgewiesen. Holt man sie bei Nacht? Kommt da die Polizei? Werden sie freiwillig gehen? Seltsame Bilder formen sich in meinem Kopf...
Es ist nicht logisch, es ist nicht einzusehen, warum der erste Schritt in der Flüchtlingsfrage mit der Abschiebung von geduldeten Asylanten beginnt. Warum sind diese Menschen „geduldet“? Offensichtlich sprach etwas für ihren Verbleib, warum will man sie jetzt vertreiben?
Es ist nicht logisch, es ist nicht einzusehen, dass man immer noch keine funktionierenden Strukturen geschaffen hat, um einigermaßen mit den Menschen, die hier ankommen, umzugehen. Ich beobachte seit Monaten die Situation genau. Wie zynisch muss man sein, wenn man ungerührt zuschaut, wie viele, viele Freiwillige an den Grenzen den Flüchtlingen Nahrung anbieten, den Kindern Spielzeug geben und mit ihrem Lächeln die Erschöpften aufmuntern. Reiches Deutschland? Dass ich nicht lache. Die kleinen Leute kümmern sich, die Politiker und die Reichen reden, reden, drohen, planen Abschiebung, Sammellager .... Die Politik erlaubt sich das perverse Ansinnen, Zwangsenteignungen vorzunehmen, weil sie es versäumt hat und immer noch unfähig ist, Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Wie viele kleine Fertighäuser wären wohl in der Zeit möglich gewesen, in der man jetzt schon plant, was mal getan werden müsste?
Das politische Deutschland und das Deutschland der Wirtschaft sind nicht bereit, sie schotten sich ab, sie überlassen den kleinen Leuten das Feld. Die „Arme“ der Leute sind aber kurz, sie haben keinen Einfluss auf Verwaltung und Politik, sie haben kein Geld. Wie lange können die Leute die Aufgaben der Politik erledigen? Es gibt keine Strukturen, jeder ist Einzelkämpfer, das wird auf die Dauer nicht funktionieren und damit ist das Scheitern vorprogrammiert.
Wenn die Politik keinen Finger krümmt und dies zulässt, haben wir durch alle Parteien hindurch die falschen Leute gewählt. Wenn die Politik und Justiz nicht reagieren, wenn Pegida-Anhänger indiskutable Schmähreden führen, offene Drohungen ausstoßen, abscheuliche Szenarien zitieren, dann sind diese Politiker die falschen.
Wie lange wird es noch dauern, bis die kleinen Leute – und wir sind die Mehrheit in diesem Land – auf die Straße gehen und für die Flüchtlinge Handlung der Regierung einfordern?
Wann schämen wir uns genug, um die Tatenlosigkeit der Regierung nicht mehr unkommentiert hinzunehmen?
Wir sollten uns mal darüber unterhalten.
Ich habe Angst, nicht vor dem Flüchtlingsstrom, sondern vor der Unfähigkeit und dem mangelnden Willen unserer Politiker, die damit den Falschen im Lande die Straße überlassen. Wir sollten gegensteuern – massenhaft.
21.10.2015
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Dienstag, 8. September 2015
teachersmafia, 20:19h
8.9.2015
Zu Gast beim reichen Mann
So lautet die Überschrift eines Artikels in der Süddeutschen Zeitung vom 7.9.2015, der mich tief beeindruckt hat und den ich Euch nicht vorenthalten will. Lothar Müller verweist auf und interpretiert dabei Ideen von Immanuel Kant, der sich 1795 zur Zeit der Nachwirkungen der Französischen Revolution über „die Bedingungen der allgemeinen Hospitalität“ (Gastfreundschaft) Gedanken machte. Es war eine Zeit der Emigrationen und Migrationen, die die Französische Revolution mit innereuropäischen Kriegen nach sich zog.
Worum geht es? Kant geht von einem „Weltbürgerrecht“ aus, er redet also nicht von Menschenfreundlichkeit, sondern von dem Recht des Fremdlings, seiner Ankunft wegen nicht feindselig behandelt zu werden. Der Gastgeber kann ihn abweisen, aber nur dann, wenn damit nicht der Untergang des Fremdlings besiegelt ist. Und solange sich der Fremdling friedlich verhält, darf man ihm nicht feindlich begegnen. Kant spricht dabei ausdrücklich von einem RECHT und nicht von Menschenliebe, die man ja nicht einfordern kann. Jeder von uns muss für sich selbst entscheiden, welche Konsequenzen das Einräumen dieses Rechts – auch unter Berücksichtigung der christlichen Lehre - für uns bedeutet.
Nun, wo „feindlich“ anfängt, das beginnt man zu fragen, wenn man die Berichte aus Ungarn sieht. Nahrung zu verweigern und hygienische Bleibe erst gar nicht zu gewähren, ist für mich schon „feindliches“ Verhalten der Regierung. Leider ist die Liste ähnlicher Beobachtungen schon lang.
Ebenso interessant und auch entlarvend ist eine Betrachtung Kants zum „reichen Mann“. Der Reiche ist häufig identisch mit „Wohltäter“ und „Menschenfreund“. Kant weist darauf hin, dass der Reiche einer Welt der Ungleichverteilung der Glücksgüter entstammt. Überlegen wir also: Wem verdanken wir unsere Lage? Haben wir wirklich alles alleine geschafft?
Die Qualität unseres Lebens hängt vom Geburtsort ab, von vielen Begünstigungen durch verschiedene Menschen (Eltern, Großeltern, Lehrern, Chefs, Freunden), von der Art der Regierung, in der wir leben, wie sehr sie sich um Gleichheit bemüht, wie gerecht der Wohlstand verteilt ist, wie viel Wohltätigkeit es im Allgemeinen gibt....
Daher fragt Kant, ob der Beistand, den wir den Notleidenden gewähren, überhaupt den Namen „Wohltätigkeit“ verdient, mit der wir unsere Hilfe so gerne betiteln. Es ist unsere Pflicht als Menschenfreunde allen Menschen wohl zu wollen. Und wir sollen stets daran denken, dass dies eine Pflicht ist, was uns vor dem Stolz bewahren soll, der uns gerne mal befällt, wenn wir anderen wohl tun.
Wir alle helfen gerne, aber wenn es mal nicht so gut geht, wenn die Medien oder Politiker andere Überlegungen in uns hineinträufeln wollen, dann sollten wir daran denken, dass es unsere Pflicht ist zu helfen und nicht eine generöse Geste, die beklatscht werden soll.
Ich finde, dieser Artikel von Müller kommt gerade zur rechten Zeit, jetzt müssen wir wirklich Farbe bekennen, uns den neuen Menschen stellen, jetzt betrifft es uns alle. Ich sagte schon mal in meinem Artikel im Gemeindeblatt, dass Europa sich verändern würde. Die Geschwindigkeit überrascht mich jetzt selbst doch sehr. Gut, dass wir schon angefangen haben, uns darauf einzustellen.
Zu Gast beim reichen Mann
So lautet die Überschrift eines Artikels in der Süddeutschen Zeitung vom 7.9.2015, der mich tief beeindruckt hat und den ich Euch nicht vorenthalten will. Lothar Müller verweist auf und interpretiert dabei Ideen von Immanuel Kant, der sich 1795 zur Zeit der Nachwirkungen der Französischen Revolution über „die Bedingungen der allgemeinen Hospitalität“ (Gastfreundschaft) Gedanken machte. Es war eine Zeit der Emigrationen und Migrationen, die die Französische Revolution mit innereuropäischen Kriegen nach sich zog.
Worum geht es? Kant geht von einem „Weltbürgerrecht“ aus, er redet also nicht von Menschenfreundlichkeit, sondern von dem Recht des Fremdlings, seiner Ankunft wegen nicht feindselig behandelt zu werden. Der Gastgeber kann ihn abweisen, aber nur dann, wenn damit nicht der Untergang des Fremdlings besiegelt ist. Und solange sich der Fremdling friedlich verhält, darf man ihm nicht feindlich begegnen. Kant spricht dabei ausdrücklich von einem RECHT und nicht von Menschenliebe, die man ja nicht einfordern kann. Jeder von uns muss für sich selbst entscheiden, welche Konsequenzen das Einräumen dieses Rechts – auch unter Berücksichtigung der christlichen Lehre - für uns bedeutet.
Nun, wo „feindlich“ anfängt, das beginnt man zu fragen, wenn man die Berichte aus Ungarn sieht. Nahrung zu verweigern und hygienische Bleibe erst gar nicht zu gewähren, ist für mich schon „feindliches“ Verhalten der Regierung. Leider ist die Liste ähnlicher Beobachtungen schon lang.
Ebenso interessant und auch entlarvend ist eine Betrachtung Kants zum „reichen Mann“. Der Reiche ist häufig identisch mit „Wohltäter“ und „Menschenfreund“. Kant weist darauf hin, dass der Reiche einer Welt der Ungleichverteilung der Glücksgüter entstammt. Überlegen wir also: Wem verdanken wir unsere Lage? Haben wir wirklich alles alleine geschafft?
Die Qualität unseres Lebens hängt vom Geburtsort ab, von vielen Begünstigungen durch verschiedene Menschen (Eltern, Großeltern, Lehrern, Chefs, Freunden), von der Art der Regierung, in der wir leben, wie sehr sie sich um Gleichheit bemüht, wie gerecht der Wohlstand verteilt ist, wie viel Wohltätigkeit es im Allgemeinen gibt....
Daher fragt Kant, ob der Beistand, den wir den Notleidenden gewähren, überhaupt den Namen „Wohltätigkeit“ verdient, mit der wir unsere Hilfe so gerne betiteln. Es ist unsere Pflicht als Menschenfreunde allen Menschen wohl zu wollen. Und wir sollen stets daran denken, dass dies eine Pflicht ist, was uns vor dem Stolz bewahren soll, der uns gerne mal befällt, wenn wir anderen wohl tun.
Wir alle helfen gerne, aber wenn es mal nicht so gut geht, wenn die Medien oder Politiker andere Überlegungen in uns hineinträufeln wollen, dann sollten wir daran denken, dass es unsere Pflicht ist zu helfen und nicht eine generöse Geste, die beklatscht werden soll.
Ich finde, dieser Artikel von Müller kommt gerade zur rechten Zeit, jetzt müssen wir wirklich Farbe bekennen, uns den neuen Menschen stellen, jetzt betrifft es uns alle. Ich sagte schon mal in meinem Artikel im Gemeindeblatt, dass Europa sich verändern würde. Die Geschwindigkeit überrascht mich jetzt selbst doch sehr. Gut, dass wir schon angefangen haben, uns darauf einzustellen.
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